BIZ-Quartalsbericht Dezember 2017: Straffungsparadox erinnert an das berühmte "Zinsrätsel"

Pressemitteilung  | 
3. Dezember 2017

Als einige wichtige Zentralbanken im vergangenen Quartal Maßnahmen zum Ausstieg aus der expansiven Geldpolitik ergriffen, reagierten die Märkte gelassen: Die globalen Finanzierungsbedingungen lockerten sich paradoxerweise weiter, während sich Bedenken hinsichtlich überhöhter Vermögenspreise mehrten.

Die anhaltend niedrigen Anleiherenditen und die geringe Volatilität, insbesondere in den USA, erinnern an das "Zinsrätsel" im Jahr 2005. Damals verwendete der frühere Vorsitzende der US-Notenbank Alan Greenspan den Begriff "conundrum", als die Anleihemarktrenditen trotz Zinserhöhungen der Fed niedrig blieben.

Die lockereren Finanzierungsbedingungen in den USA fielen mit einem Rückgang der Laufzeitprämien zusammen. Diese Renditekomponente ist der zusätzliche Ertrag, den Anleger anstreben, wenn sie längerfristige statt kurzfristige Anleihen halten. Was die Bewertung der Vermögenswerte anbelangt, ist nach wie vor nicht klar, wie genau sich der Rückgang der Laufzeitprämien im Zeitverlauf auswirkt. Ungewiss ist auch die Reaktion der Renditen, wenn schließlich eine Normalisierung der Zentralbankpolitik eintritt.

"Kann man eine Straffung als wirksam ansehen, wenn die Finanzierungsbedingungen ganz offensichtlich lockerer werden? Und wenn die Antwort nein lautet: Was sollten Zentralbanken dann tun?", fragt Claudio Borio, Leiter der Währungs- und Wirtschaftsabteilung. "In einer Zeit, in der graduelles Vorgehen und Vorhersehbarkeit zur Norm werden, dürften diese Fragen an Dringlichkeit zunehmen."

Weitere Schwerpunkte des BIZ-Quartalsberichts vom Dezember 2017:

  • In einem Kapitel über Risikotransfers innerhalb des globalen Bankensystems wird die Übertragung von Kreditrisiken beispielsweise mittels Garantien, Derivaten oder Sicherheiten in den letzten zehn Jahren näher untersucht. Global tätige Banken übertragen zwar nach wie vor Kreditrisiken von Finanzzentren und risikoreicheren aufstrebenden Volkswirtschaften auf fortgeschrittene Volkswirtschaften. Dennoch hat sich ihr Kreditrisikoengagement gegenüber aufstrebenden Volkswirtschaften in Asien erhöht. Dies ist auf eine stärkere internationale Präsenz von Unternehmen und Banken aus diesen Ländern zurückzuführen, aber auch auf die gestiegene Bereitschaft von Gläubigern, diese Länderengagements in ihren Bilanzen zu belassen.
  • Im Kasten des Kapitels "Ein Straffungsparadox?" wird erläutert, wie am US-Repo-Markt die Öffnung des zentralen Clearings für eine breitere Palette von institutionellen Anlegern zu ersten positiven Ergebnissen geführt hat. Am US-Repo-Markt hat eine Preiskonvergenz eingesetzt, die auf einen potenziellen Rückgang der nach der Finanzkrise entstandenen Marktsegmentierung hindeutet.

Zwei Feature-Artikel analysieren den Einfluss der Verschuldung auf die Geldpolitik, die Wirtschaft und die Finanzstabilität:

"Es wird aufgezeigt, wie sich Schulden auf gesamtwirtschaftliche Entwicklungen und die Finanzstabilität auswirken", sagt Hyun Song Shin, Volkswirtschaftlicher Berater und Leiter Wirtschaftsforschung. "Die Erkenntnisse aus diesen Artikeln können auch Aufschluss darüber geben, wie eine Normalisierung der Geldpolitik die Wirtschaftstätigkeit beeinflusst."

  • Anna Zabai (BIZ)* kommt zu dem Schluss, dass eine steigende Verschuldung der privaten Haushalte direkte und indirekte Auswirkungen auf die Wirtschafts- und die Finanzstabilität hat. Während höhere Schulden das Wachstum zumeist kurzfristig ankurbeln, dämpfen sie es auf längere Sicht und verstärken die Wirkung höherer Zinsen auf Schuldner und Kreditgeber. Zinssenkungen dagegen wirken sich in geringerem Maße aus.
  • Boris Hofmann (BIZ) und Gert Peersman (Universität Gent)* zeigen, dass geldpolitische Schocks einen bedeutenden Einfluss auf die Schuldendienstquoten des privaten Sektors haben. Höhere Leitzinsen führen sowohl zu einem Anstieg der Schuldzinsen als auch zu höheren Zins- und Tilgungszahlungen im Verhältnis zum Einkommen. Dieser Einfluss ist in hochverschuldeten Ländern noch stärker.
 

* Namentlich gezeichnete Artikel geben die Meinung der Autoren wieder, die sich nicht unbedingt mit dem Standpunkt der BIZ deckt.


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