Ein Straffungsparadox?

BIS Quarterly Review  | 
3. Dezember 2017

Die Märkte und die Realwirtschaft setzten im Berichtszeitraum, der Anfang September begann, ihre seit einem Jahr andauernde starke Erholung fort. In einem Umfeld, das von einem weiter synchron verlaufenden kräftigen Aufschwung in den fortgeschrittenen Volkswirtschaften, einem weitgehend soliden Wachstum in den aufstrebenden Volkswirtschaften und insbesondere einem allgemein fehlenden Inflationsdruck geprägt war, verbesserten die globalen Märkte für Vermögenswerte ihre seit Jahresbeginn erzielte Spitzenperformance weiter, während die Volatilität niedrig blieb. Die Auswirkungen zweier verheerender Hurrikane in den USA, verschiedene geopolitische Risiken und weitere Maßnahmen einiger der wichtigsten Zentralbanken hin zu einer schrittweisen Rücknahme der akkommodierenden Geld-politik konnten diesem "Goldilocks"-Umfeld, in dem die Wirtschaft weder zu stark noch zu schwach läuft, nichts anhaben.

Alles in allem beruhigten die Maßnahmen der Zentralbanken die Märkte. Ihre jeweiligen Schritte widerspiegelten die unterschiedlichen Punkte, an denen sich die Zentralbanken im geldpolitischen Zyklus befanden. Nach seiner September-Sitzung gab der Offenmarktausschuss der Federal Reserve (FOMC) bekannt, er werde im Oktober mit seinem Programm zum Bilanzabbau beginnen, nachdem die Märkte behutsam und frühzeitig über die Strategien und das Vorgehen informiert worden waren. Die Bank of England hob an ihrer November-Sitzung ihren Leitzins erstmals seit 10 Jahren wieder um 25 Basispunkte auf 0,50% an, beließ aber ihre Programme zum Ankauf von Anleihen unverändert, was von den Marktteilnehmern als "dovish hike", also als gemäßigter Zinserhöhungszyklus, bezeichnet wurde. Im Oktober verlängerte die EZB ihr Programm zum Ankauf von Vermögenswerten (Asset Purchase Programme, APP) bis mindestens September 2018 und fuhr zugleich ab Januar 2018 ihre monatlichen Ankäufe um die Hälfte zurück. Die EZB bestätigte zudem, sie sei bereit, die monatlichen Ankäufe wieder zu erhöhen, sollten sich die gesamtwirtschaftlichen Bedingungen verschlechtern. Die Bank of Japan ließ ihren geldpolitischen Kurs unverändert.

Obwohl die Federal Reserve ihre akkommodierende Geldpolitik graduell zurücknahm, kam es in den USA und weltweit paradoxerweise zu einer weiteren Lockerung der Finanzierungsbedingungen. Nur die Wechselkurse preisten den vergleichsweise strafferen geldpolitischen Kurs der Federal Reserve und die Aussicht auf höhere Zinsen merklich ein. Dies trug dazu bei, die seit einem Jahr anhaltende Abwertung des US-Dollars zu bremsen und teilweise umzukehren.

Da die langfristigen Renditen nach wie vor äußerst niedrig waren, blieben die Bewertungen in den einzelnen Anlagekategorien und Regionen überhöht, wenn auch in unterschiedlichem Maße. Die kurzfristige implizite Volatilität sank auf neue historische Tiefstwerte, während sich die Anleger und Marktbeobachter fragten, wann und wie diese Ruhe wohl enden werde. Letztlich schien das Schicksal nahezu aller Anlagekategorien von der Entwicklung der Renditen von Staatsanleihen abhängig zu sein.