Wer sind die Emittenten internationaler Schuldtitel in Währungen aufstrebender Volkswirtschaften?

(Auszug S. 13-14 des Kapitels "Wichtigste Erkenntnisse aus den internationalen BIZ-Statistiken" des BIZ-Quartalsberichts vom Dezember 2013)

In den letzten Quartalen hat die Nachfrage der Anleger nach höher rentierenden Vermögenswerten einen regen Absatz internationaler Schuldverschreibungen in Währungen aufstrebender Volkswirtschaften („EM-Währungen") begünstigt.  Von Januar bis September 2013 belief sich der Bruttoabsatz solcher Titel auf $ 107 Mrd., verglichen mit dem leicht höheren Betrag von $ 115 Mrd. in den ersten neun Monaten des Jahres 2012. Auf Nettobasis (d.h. bereinigt um Tilgungen) konzentrierte sich der Absatz im Zeitraum Januar bis September 2013 auf den brasilianischen Real, den chinesischen Renminbi und den mexikanischen Peso. Obgleich die Emission internationaler Schuldtitel in EM-Währungen im dritten Quartal 2013 durch die erhöhte Volatilität an den globalen Finanzmärkten um die Jahresmitte gedämpft wurde, blieb das Neuemissionsvolumen deutlich über den Tiefstwerten der Jahre 2008 bis 2010 (Grafik C links).

In jüngster Zeit waren Unternehmen aus aufstrebenden Volkswirtschaften - insbesondere deren ausländische Niederlassungen - für den regen Absatz internationaler Schuldtitel in EM-Währungen verantwortlich. Die BIZ-Statistik zum Absatz internationaler Schuldtitel erfasst die Emissionstätigkeit an Märkten ausserhalb des Sitzlandes des Kreditnehmers - d.h. den Offshore-Absatz - unabhängig von der Währung.'  Auf Emittenten mit Sitz in einer aufstrebenden Volkswirtschaft, die in Offshore-Finanzzentren Papiere in ihrer nationalen Währung begeben, entfällt lediglich ein geringer Anteil der auf EM-Währungen lautenden Schuldtitel: 2013 waren es 18%, was auch dem Durchschnitt des Zeitraums 2003-12 entspricht (Grafik C links). Legt man hingegen die Nationalität der Emittenten zugrunde, dann hat sich die Bedeutung von Kreditnehmern aus aufstrebenden Volkswirtschaften deutlich verändert. 2013 entfielen 35% des internationalen Bruttoabsatzes von Anleihen in Währungen aufstrebender Volkswirtschaften auf Unternehmen mit Hauptsitz in einer aufstrebenden Volkswirtschaft und mit Niederlassungen in anderen Ländern (Grafik C links: Schuldtitel von Emittenten mit „EM-Nationalität" in EM-Währung als Fremdwährung). 2011/12 hatte dieser Anteil noch 25% betragen und in den Jahren vor 2011 lediglich 11%.

In den letzten Jahren begaben vor allem asiatische Unternehmen internationale Schuldtitel in EM-Währungen; an zweiter Stelle standen lateinamerikanische Firmen. Während brasilianische und mexikanische Firmen inter­nationale Real- bzw. Peso-Anleihen vorwiegend über ihren Hauptsitz begeben, emittieren chinesische, koreanische und russische Firmen häufig Anleihen über Niederlassungen im Ausland, einschliesslich solcher in Offshore-Finanz­zentren.ƒ  Sofern das Mutterunternehmen bereit ist, seine Auslandstöchter finanziell zu unterstützen, kann eine Analyse der Kreditaufnahme anhand der Nationalität statt des Sitzlandes zusätzliche Informationen über die Anfälligkeit eines Landes gegenüber Volatilität an den globalen Finanzmärkten liefern.

Das verstärkte Auftreten von Emittenten aus aufstrebenden Volkswirtschaften legt den Schluss nahe, dass sich der internationale Markt für Schuldtitel aufstrebender Volkswirtschaften einem immer breiteren Spektrum von Akteuren öffnet. Historisch betrachtet wurden internationale Anleihen in EM-Währungen vorwiegend von Emitten­ten mit hoher Kreditwürdigkeit begeben; internationale Investoren zogen es meist vor, das Währungsrisiko, das mit solchen Anleihen verbunden ist, vom Kreditrisiko zu trennen, das Emittenten aus aufstrebenden Volkswirtschaften anhaftet. Emittenten mit Hauptsitz in fortgeschrittenen Volkswirtschaften (Emittenten mit „anderer Nationalität" in Grafik C links) führen zwar nach wie vor den Absatz internationaler Anleihen in EM-Währungen an, doch ihr Anteil ist in den vergangenen Jahren deutlich gefallen: von 55% in den 2000er Jahren auf 38% im Jahr 2012 und 36% im Jahr 2013. 12% des Absatzes entfielen im Schnitt auf internationale Organisationen.

Die wahrgenommene Bonitätsverbesserung vieler aufstrebender Volkswirtschaften in den vergangenen Jahren stützt die Nachfrage der Anleger nach auf EM-Währungen lautenden Anleihen von Unternehmen aus diesen Ländern. Die Emittenten wiederum können mit solchen Platzierungen Währungsinkongruenzen in ihren Bilanzen verringern.

Gleichwohl ist der US-Dollar nach wie vor die weitaus bedeutendste Emissionswährung für internationale Schuldtitel aufstrebender Volkswirtschaften. So entfielen seit 2010 durchschnittlich 71% des Schuldtitelabsatzes von Emittenten mit EM-Nationalität auf US-Dollar, verglichen mit 61% im Zeitraum 2003-09 (Grafik C rechts). Demge­genüber wurden seit 2010 nur 6% bis 17% der internationalen Neuemissionen von Unternehmen mit EM-Nationa­lität in EM-Währungen begeben. Bis 2009 lauteten etwa 19% der Bruttoemissionen von Unternehmen mit EM-Nationalität auf Euro; dieser Anteil hat sich jedoch inzwischen auf weniger als 10% verringert. Dabei begeben Unter­nehmen mit Hauptsitz in Mittel- und Osteuropa häufiger Euro-Schuldtitel als Emittenten aus anderen Regionen. Doch selbst in Europa steht der US-Dollar als Emissionswährung an erster Stelle: Seit 2009 werden durchschnittlich 65% der internationalen Schuldtitel europäischer Emittenten in US-Dollar begeben.

 

1 In diesem Kasten sind Währungen aufstrebender Volkswirtschaften (EM-Währungen) definiert als alle Währungen ausser den folgenden 11: australischer Dollar, dänische Krone, Euro (einschl. Vorgängerwährungen), kanadischer Dollar, neuseeländischer Dollar, norwegische Krone, schwedische Krone, Schweizer Franken, US-Dollar, Pfund Sterling und Yen. Entsprechend dieser Definition waren Ende September 2013 in der BIZ-Statistik zum Absatz internationaler Schuldtitel insgesamt 76 EM-Emissionswährungen vertreten.

2 Eine Schuldverschreibung wird in den BIZ-Statistiken als international eingestuft, wenn sich mindestens einer der folgenden Faktoren vom Sitzland des Emittenten unterscheidet: das Land, in dem das Wertpapier registriert ist, das Land, nach dessen nationalem Recht die Emission erfolgt, oder der Standort des Marktes, an dem das Papier notiert ist. Siehe Branimir Gruić und Philip Wooldridge, „Verbesserungen der BIZ-Statistiken über den Absatz von Schuldtiteln", BIZ-Quartalsbericht, Dezember 2012.

3 Zu den Beweggründen für die Emission von Schuldtiteln über Offshore-Niederlassungen siehe Robert N. McCauley, Christian Upper und Agustín Villar, „Absatz von in Offshore-Finanzzentren platzierten Schuldtiteln aufstrebender Volkswirtschaften", BIZ-Quartalsbericht, September 2013.