BIZ-Analysen weisen auf anhaltende Risiken für Devisenhandel sowie auf verdeckte Dollarverschuldung hin: der BIZ-Quartalsbericht

Pressemitteilung  | 
5. Dezember 2022
  •    Neue Analysen der alle drei Jahre stattfindenden 2022 Triennial Central Bank Survey durch die BIZ zeigen Verschiebungen bei Handelsmustern und Marktstruktur an den Devisen- sowie an den Märkten für OTC-Zinsderivate und weisen somit auf Risiken hin, die es aufmerksam zu beobachten gilt.
  • Devisenswap-positionen weisen über 80 Billionen verdeckte US-Dollar-Schulden auf, die nicht in Bilanzen erfasst sind.   
  • Die Umsatzvolumen an den Devisenmärkten, die Erfüllungsrisiken unterliegen, halten sich, trotz Mechanismen zur Abschwächung solcher Risiken, weiterhin hartnäckig auf hohem Niveau.

Die Bank für Internationalen Zahlungsausgleich (BIZ) hat heute neue Erkenntnisse zu den globalen Devisen- sowie OTC-Zinsderivatemärkten veröffentlicht. Der Quartalsbericht von Dezember 2022 enthält detaillierte Analysen des kürzlich veröffentlichten Triennial Surveys. Diese sollen Zentralbanken und Marktteilnehmern dabei helfen, die globalen Finanzmärkte zu beobachten. Die Autoren analysieren Veränderungen bei Handelsmustern und Marktstruktur und weisen auf Risiken hin, die es im Auge zu behalten gilt. 

Die neuen Daten belegen, dass Devisengeschäfte im Wert von 2,2 Billionen USD mit Erfüllungsrisiken behaftet sind, was die Finanzstabilität gefährden könnte. Das Erfüllungsrisiko im Devisengeschäft besteht darin, dass eine Partei bei einem Devisengeschäft eine Zahlung an die andere leistet, jedoch möglicherweise nicht die Devise erhält, die sie einkauft. Dies kann zu erheblichen Verlusten für Marktteilnehmer führen. Den Autoren Marc Glowka und Thomas Nilsson zufolge belief sich die Höhe der risikobehafteten Geschäfte im April 2022 auf etwa ein Drittel der gesamten zu erfüllenden Devisenumsätze; noch vor drei Jähren war der Betrag bei 1,9 Billionen USD gelegen.

Die Erhebung rückt des Weiteren eine steigende außerbilanzielle Kreditaufnahme in US-Dollar (off-balance sheet US dollar borrowing) in Form von Devisenswaps, Forwards und Währungsswap-geschäften in den Fokus. Claudio Borio, Robert McCauley und Patrick McGuire erläutern, dass sich durch diese Instrumente gegenwärtig weltweit Zahlungsverpflichtungen für die Zukunft in Höhe von über 80 Billionen USD ergeben. Doch da diese Verpflichtungen nicht in den Bankbilanzen berichtet werden, sind sie in den typischen Schuldenstatistiken nicht erfasst.

"Die BIZ-Analysen des Triennial Survey beleuchten weiterhin Nischen der globalen Finanzmärkte, die ansonsten unbemerkt bleiben würden", so Claudio Borio, Leiter der Währungs- und Wirtschaftsabteilung der BIZ. "Dieser umfangreiche Datensatz ermöglicht es uns, wichtige Trends für Entscheidungsträger, Wissenschaftler sowie Marktteilnehmer aufzuzeigen. Insbesondere treten außerbilanzielle Dollarschulden in schwindelerregenden Volumen zu Tage, die teilweise verborgen sind, und das Erfüllungsrisiko im Devisenhandel hält sich auf einem hartnäckig hohen Niveau."

Der Quartalsbericht enthält zudem die regelmäßigen BIZ-Analysen der jüngsten Marktentwicklungen. In dieser Ausgabe weist die BIZ darauf hin, dass die Anleger im Berichtszeitraum weiterhin auf die Inflationsbekämpfung durch die Zentralbanken in einem durch Wachstumsrisiken gekennzeichneten Umfeld fokussiert waren.1 Bis Mitte Oktober sind die Renditen kurzfristiger Staatsanleihen aufgrund höherer erwarteter Zinssätze gestiegen, was risikobehaftete Vermögenswerte belastete und dem US-Dollar zugutekam. Nachdem die Inflation im November niedriger als erwartet ausgefallen war, konnten Aktien Verluste wiedergutmachen, und der Dollar fiel im Verhältnis zu den meisten Währungen von über mehrere Jahrzehnte erreichten Höchstständen; der Markt korrigierte ferner die Erwartung bzgl der zur Eindämmung einer Inflation erforderlichen geldpolitischen Straffung, nach unten.

"Früher in diesem Jahr stellte die Stärke des US-Dollars in Kombination mit höheren Rohstoffpreisen für viele Länder, die in ihren heimischen Währungen mit Inflation zu kämpfen hatten, ein Doppelproblem dar. Ein Teil dieser Spannungen könnte durch die jüngste Abwertung des Dollars abgefedert werden", so Hyun Song Shin, Volkswirtschaftlicher Berater und Leiter der Wirtschaftsforschung.

Feature-Artikel untersuchen die Märkte für Zinsderivate, den Handel mit Währungen von aufstrebenden Volkswirtschaften sowie Erfüllungsrisiken:

  • "The post-Libor world: a global view from the BIS derivatives statistics" (Die Welt nach Libor: eine globale Sicht ausgehend von den BIZ-Derivate-Statistiken) von Wenqian Huang und Karamfil Todorov dokumentiert, wie der Übergang vom Libor zu "nahezu risikofreien" Zinssätzen zu strukturellen Veränderungen an den OTC-Zinsderivate-Märkten geführt hat. Die Benchmark-Reform führte zu erheblichen Verschiebungen im Instrumentenmix, in der geographischen Verteilung und in der Währungszusammensetzung der Umsätze mit OTC-Zinsderivaten. Durch die Reform wurden einige Risiken aus dem Zeitalter des Libor verringert, es entstanden jedoch auch neue.
  • "The global foreign exchange market in a higher-volatility environment" (Der globale Devisenmarkt in einem Umfeld erhöhter Volatilität) von Mathias Drehmann und Vladyslav Sushko diskutiert die Ergebnisse des Triennial Surveys, die in einem Umfeld entstanden sind, das volatiler war als bei der Erhebung im Jahr 2019. Der Devisenhandel bewegt sich weiter von multilateralen Plattformen weg, an denen Preisinformationen für alle Teilnehmer verfügbar sind, hin zu "weniger sichtbaren" Handelsplattformen. Aufgrund der geringeren Sichtbarkeit können Entscheidungsträger die Devisenmärkte nicht mehr angemessen überwachen.
  • "The internationalisation of EME currency trading" (Die Internationalisierung des Handels mit Währungen aufstrebender Volkswirtschaften) von Julián Caballero, Alexis Maurin, Philip Wooldridge und Dora Xia diskutiert die gestiegene Internationalisierung des Handels mit Währungen von aufstrebenden Volkswirtschaften. Dies ist eines von mehreren Handelsmustern, die darauf hinweisen, dass die Währungen von aufstrebenden Volkswirtschaften und von fortgeschrittenen Volkswirtschaften einander ähnlicher geworden sind.
  • Schließlich enthält der Quartalsbericht zwei Boxen: in einer werden Liquiditätsrisiken an Märkten für durch Forderungen aus Hypothekendarlehen gesicherte Wertpapiere analysiert. Die andere zieht Schlüsse aus den Turbulenzen am Gilt-Markt über systemische Risiken, die sich aus den Pensionsfonds- und Versicherungssektoren ergeben.

1 Der Berichtszeitraum ist 13. September 2022 bis 25. November 2022.