BIZ-Quartalsbericht März 2017: Märkte nicht länger durch schwankende Risikobereitschaft geprägt

Pressemitteilung  | 
6. März 2017

In dem Versuch, die Auswirkungen eines von Wandel geprägten politischen Umfelds zu begreifen, gehen Anleger in Bezug auf Anlageklassen, Regionen und Sektoren wieder zunehmend selektiv vor. Dies steht im Gegensatz zu dem anlageklassenübergreifenden Herdenverhalten, das in den letzten Jahren an den Märkten geherrscht hat.

Das Ende sich abwechselnder Phasen von Käufen und Verkäufen im Einklang mit zu- und abnehmender Risikobereitschaft lässt darauf schließen, dass die Bewertungen im ersten Quartal 2017 weniger stark von Zentralbankentscheidungen und entsprechend schwankender Risikobereitschaft der Anleger beeinflusst wurden. In den USA beispielsweise gab es klare Gewinner und Verlierer: Sektoren wie Verteidigung, Bauwesen und verarbeitendes Gewerbe entwickelten sich besser als importintensive Branchen.

"Seit dem vergangenen Quartal hat die Politik die Finanzmärkte wieder fester im Griff. Damit behauptet sie ihre Vorrangstellung gegenüber der Wirtschaft", sagt Claudio Borio, Leiter der Währungs- und Wirtschaftsabteilung.

Weitere Schwerpunkte des BIZ-Quartalsberichts vom März 2017:

  • Die Bedenken hinsichtlich der Lage in den aufstrebenden Volkswirtschaften verflüchtigten sich im ersten Quartal 2017 zumeist, auch wenn die Aussichten für einige dieser Länder nach wie vor ungewiss sind. In China trug die Beliebtheit von Vermögensverwaltungsprodukten zu einer Liquiditätsverknappung und einem Hochschnellen der Renditen inländischer Anleihen bei.

  • Die auf US-Dollar lautende Kreditvergabe an Nichtbanken außerhalb der USA - eine wichtige Messgröße der globalen Liquidität - nahm von Ende März bis Ende September 2016 um $ 420 Mrd. auf $ 10,5 Bio. zu. Rund ein Drittel dieses Betrags ($ 3,6 Bio.) entfiel auf Schuldner in aufstrebenden Volkswirtschaften. Erstmals ist im Gesamtbetrag auch die Vergabe von US-Dollar-Krediten durch Banken in China und Russland berücksichtigt.

  • Aufgrund der US-Geldmarktreform sind die Dollarrefinanzierungen von Nicht-US-Banken von September 2015 bis Dezember 2016 um rund $ 415 Mrd. gesunken. Der Rückgang der Refinanzierungen aus Prime Funds wurde durch einen Anstieg der Repo-Refinanzierungen aus sog. "government funds" teilweise ausgeglichen. Dennoch erreichten die aggregierten Dollarrefinanzierungen von Banken außerhalb der USA im September 2016 mit $ 9 Bio. einen neuen Höchststand, was den Offshore-Dollareinlagen zuzuschreiben war, die seit Anfang Jahr um $ 531 Mrd. zugenommen hatten.

    "Diese strukturellen Veränderungen werfen ein Schlaglicht auf die wachsende Bedeutung von Offshore-Dollarrefinanzierungen im globalen Bankensystem", sagte Hyun Song Shin, Volkswirtschaftlicher Berater und Leiter Wirtschaftsforschung.

Der BIZ-Quartalsbericht vom März 2017 enthält vier Feature-Artikel. Drei davon befassen sich mit Herausforderungen für die Struktur der Märkte und des Finanzsystems, die eine zentrale Rolle für deren reibungsloses Funktionieren spielt:

  • Enisse Kharroubi und Emanuel Kohlscheen (BIZ)* zeigen, dass das Wirtschaftswachstum systematisch schwächer ausfällt, wenn es durch Konsum und nicht durch andere Faktoren wie beispielsweise Investitionen getrieben wird. Ein steigender Anteil des privaten Konsums am BIP kann Vorbote einer künftigen Wachstumsverlangsamung sein, insbesondere wenn das konsumgetriebene Wachstum mit einer steigenden Verschuldung einhergeht.

  • Benjamin H. Cohen (BIZ) und Gerald A. Edwards (JaeBre Dynamics)* befassen sich mit den neuen Rechnungslegungsvorschriften, die Banken und andere Unternehmen verpflichten, auf Basis der erwarteten Kreditausfälle eine Risikovorsorge zu bilden. Anhand der Ergebnisse von Erhebungen und Szenario-Analysen untersuchen sie die möglichen Auswirkungen auf das Finanzsystem.

  • Morten Bech, Yuuki Shimizu und Paul Wong (BIZ)* stellen fest, dass die Verbreitung schnellerer Systeme für den Massenzahlungsverkehr von Einzelpersonen, Unternehmen und staatlichen Körperschaften sich bisher überraschend ähnlich gestaltet wie zuvor die Verbreitung von Echtzeit-Bruttoabwicklungssystemen (RTGS) im Großbetragszahlungsgeschäft. Allerdings sind es diesmal nicht die fortgeschrittenen Volkswirtschaften, die bei der Lancierung der neuen Technologien eine Vorreiterrolle einnehmen. Diese Rolle dürfte vielmehr den aufstrebenden Volkswirtschaften zukommen.

  • Lawrence Kreicher (Dartmouth), Robert N. McCauley (BIZ) und Philip D. Wooldridge (BIZ)* zufolge werden am Anleihemarkt anstatt der Zinssätze auf Staatsanleihen zunehmend private Zinssätze als Benchmark verwendet. Zinsswaps gewinnen gegenüber Staatsanleihe-Futures weiter an Boden, wenn es um die Absicherung und das Eingehen von Positionen am langen Ende der Renditenstrukturkurve geht. Anders als an den Geldmärkten vermögen jedoch Swaps die Staatsanleihe-Futures als Referenzwerte offenbar nicht vollständig zu verdrängen.


* Namentlich gezeichnete Artikel geben die Meinung der Autoren wieder, die sich nicht unbedingt mit dem Standpunkt der BIZ deckt.